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„Pandemie-Klauseln in Spielerverträgen – Rechtlich zulässige Verteidigung eines Fußballklubs in schwierigen Zeiten, oder doch juristische Rote Karte?“

Die Idee einer Pandemie-Klausel

„Fußball ist einfach, aber es ist schwer, einfach zu spielen.“ Johan Cruyff

Dieser grundlegenden Weisheit der niederländischen Fußballlegende Johan Cruyff wird wohl kein Begeisterter des runden Leders widersprechen. Einfacher wird es für den Fußball, zumindest für den Profifußball, durch die COVID-19 Pandemie jedoch sicherlich nicht: Lange Zwangspausen im Ligabetrieb, gefolgt von Spielen vor leeren Rängen setzen selbst den Top-Clubs der europäischen Profiligen wirtschaftlich stark zu.

Um sich gegenüber zukünftigen, pandemiebedingten wirtschaftlichen Engpässen bestmöglich zu wappnen, haben so manche prominente Fußballklubs, aber auch Klubs anderer Sportarten (wie etwa Eishockey oder Basketball), die Sommerpause genützt, um ihre Verträge mit neuen Spielern wirtschaftlich anpassungsfähiger, im Sinne von COVID-19-resistender, zu gestalten:

Ein bislang neues Kapitel hat in diesem Zusammenhang vor Kurzem ein deutscher Fußball-Bundesligist aufgeschlagen: Dieser kündigte an, als Reaktion auf die Einnahmenverluste während der Corona-Krise, Pandemie-Klauseln in neu abzuschließende Spielerverträge einzuführen.

Diese Klauseln sollen dafür sorgen, dass Gehaltskürzungen bei den Spielern in bestimmten Fällen (siehe sogleich) automatisch zur Anwendung gelangen, ohne dass vorher ein Verzicht mit den betreffenden Spielern ausverhandelt werden muss. Oder anders gesagt: Derartige Vertragsbestimmungen sollen sicherstellen, dass auch die Spieler automatisch ihren Teil zur Bewältigung der finanziellen Engpässe ihres Klubs beitragen.

Im Raum stehen derzeit zwei Fallkonstellationen, in denen die beabsichtigten Pandemie-Klauseln greifen sollen. Automatische Gehaltskürzungen für Spieler soll es demnach geben bei

Nun stellen sich folgende Fragen: Ist eine solche Pandemie-Klausel in einem Spielervertrag zulässig, und, würde eine derartige Pandemie-Klausel vor Gericht halten, für den Fall, dass ein Spieler deren Zulässigkeit gerichtlich anfechten sollte? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, schauen wir uns die möglichen Komponenten und die Funktionsweise einer Pandemie-Klausel im Folgenden an.

Die zwei Komponenten einer Pandemie-Klausel

Eine Pandemie-Klausel, soll – im Groben – wie folgt funktionieren: Erleidet der Fußballklub Einnahmeverluste aufgrund pandemiebedingter behördlicher Maßnahmen, soll der Klub die Spielergehälter einseitig, automatisch kürzen dürfen.

Auf den ersten Blick zeigen sich hier folgende zwei Komponenten, die jeweils die folgenden Fragestellungen aufwerfen:

Einseitige Gehaltskürzung durch den Fußballklub (ad 1)

Die erste Komponente der Pandemie-Klausel besteht demnach in der einseitigen Gehaltskürzungsmöglichkeit des Sportklubs gegenüber dem Spieler.

Vorab: Den Parteien des Spielervertrages, also dem Sportklub auf der einen Seite des Vertrages, und dem Spieler auf der anderen Seite, steht es im Sinne der Privatautonomie grundsätzlich frei, was sie untereinander im Spielervertrag vereinbaren. Das juristische Spielfeld, auf dem sich Klub und Spieler bewegen können, ist also eher großzügig abgesteckt.

Dennoch hat der vertragliche Spielraum seine Grenzen, nämlich dort wo der Inhalt des Spielervertrages droht, öffentliche Interessen und / oder vertragsfremde Dritte zu verletzen, oder aber, und das interessiert uns hier besonders, den schwächeren Vertragspartner zu stark einzuschränken und zu benachteiligen.

In der klassischen vertraglichen Konstellation zwischen einem Sportklub und seinem Spieler, wird – wirtschaftlich und rechtlich betrachtet – in der Regel stets der Spieler der schwächere Vertragspartner sein, den ein Gericht im Streitfall zu schützen versuchen wird.

Wann muss ein Spieler also vor der Übermacht seines Klubs geschützt werden – woran sich orientieren? Auch wenn Pandemie-Klauseln in Spielerverträgen bei uns noch juristisches Neuland sind, können wir aus der bisherigen österreichischen Rechtsprechung zumindest die vier folgenden Parameter ableiten, bei deren Überschreitung ein Gericht eine Pandemie-Klausel wohl als unzulässig werten wird, weil sie den Spieler zu stark benachteiligt.  Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn

Kurz: In einem Gerichtsstreit um die Zulässigkeit einer Pandemie-Klausel in einem Spielervertrag wird sich ein Gericht auf die Seite des Spielers stellen, also eine derartige Vertragsklausel als unzulässig werten, wenn der Spieler vom Klub wirtschaftlich zu stark eingeschränkt und geknebelt wird, ohne dass dem Spieler entsprechende Gestaltungs- und / oder Mitbestimmungsrechte zustehen.

Um in einem Rechtsstreit bestehen zu können, muss eine Pandemie-Klausel in einem Spielervertrag also innerhalb der oben beschriebenen Grenzen bleiben, sie muss die rechtliche und wirtschaftliche Balance zwischen Sportklub und Spieler wahren, indem sie dem Sportklub eine gewisse wirtschaftliche Bewegungsfreiheit bietet (etwa durch Anpassung der Spielergehälter in Pandemiezeiten), ohne dabei den Spieler zu stark einzuschränken oder zu benachteiligen. Zugegeben: Ein Balanceakt, aber juristisch machbar.

Pandemie-Klausel als Force Majeure-Klausel (ad 2)?

Die zweite Komponente der Pandemie-Klausel ist die Anknüpfung an pandemiebedingte rechtliche Maßnahmen als Fälle von höherer Gewalt.

Die Theorie dahinter: Unter höherer Gewalt (auch: Force Majeure) versteht man ein Ereignis, das

In modernen Verträgen werden oftmals Bestimmungen zu Force Majeure vereinbart, um, im Fall von höherer Gewalt (wie etwa Krieg, Naturkatastrophen, Massenstreiks, Epidemien) Haftungsstreitigkeiten zu vermeiden. Eine Force Majeure-Klausel kann etwa vorsehen, dass im Fall höherer Gewalt die Parteien (zumindest solange dieser Zustand andauert) von bestimmtem vertraglichen Leistungspflichten befreit sind, oder aber, dass den Parteien Rücktrittsrechte zustehen.

Zur Klarstellung: Nicht eine Viruspandemie an sich, wie etwa die aktuelle COVID-19 Pandemie, stellt den Fall von höherer Gewalt dar, sondern die daraus resultierende rechtliche Situation durch behördliche Einschränkungen und Verbote. Ein pandemiebedingter Fall höherer Gewalt kann demnach etwa die behördlich angeordnete Unterbrechung eines Ligabetriebs und / oder das Verbot eines Spiel- und Trainingsbetriebs sein.

Für eine Pandemie-Klausel im Spielervertrag würde dies bedeuten: Wird der Fußballklub durch einen Fall höherer Gewalt, wie etwa aufgrund einer pandemiebedingten Ligaunterbrechung und damit verbundener Einnahmenverluste, an der Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten, wie etwa den Gehaltzahlungen an seine Spieler, gehindert, so soll er für diesen Zeitraum von seiner Gehaltszahlungspflicht befreit sein.

Problematisch könnte in diesem Zusammenhang jedoch die geforderte Unvorhersehbarkeit der höheren Gewalt sein (siehe oben): Für gewöhnlich sehen vertragliche Ausformulierungen von Force-Majeure Klauseln, vor, dass das Ereignis höherer Gewalt unvorhersehbar gewesen sein muss.

Die aktuelle COVID-19 Pandemie und die damit verbundenen rechtlichen Maßnahmen sind jedoch der breiten Allgemeinheit bereits bekannt und keinesfalls unvorhersehbar. Selbst wenn die Vereinbarung einer Pandemie-Klausel mit Force-Majeure Komponente in einem neuen Spielervertrag zulässig sein kann, könnte die Geltendmachung dieser Klausel für den Fall der aktuellen COVID-19 Pandemie mangels Unvorhersehbarkeit sehr wahrscheinlich unzulässig sein.

Auf den Punkt gebracht: Pandemie-Klauseln in Spielerverträgen, die den Fußballklub für den Fall von pandemiebedingten rechtlichen Spielverboten oder -einschränkungen von seinen Gehaltszahlungen an seine Spieler befreien sollen, sind grundsätzlich denkbar. Um jedoch vor Gericht zu bestehen, dürfen die Pandemie-Klauseln die Spieler nicht einseitig, wirtschaftlich benachteiligen. Zudem muss die Vorhersehbarkeit von zukünftigen pandemiebedingten rechtlichen Maßnahmen mitberücksichtigt werden.

Foto: Alexander Wartha