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Kassenplanstellen und eigenes Unternehmen: Überwindbare Hürden!

Beim Schritt in die Selbstständigkeit stellt sich für viele Ärzte die Frage, ob sie am Erhalt einer Kassenplanstelle interessiert sind oder nicht. Wie kommen Ärzte aber zu einer Kassenplanstelle?
Zunächst legen Ärztekammer und Krankenversicherungsträger im „Stellenplan“ die Anzahl und die örtliche Verteilung der Vertragsarztstellen fest. Die Besetzung der im Stellenplan vorgesehenen Stellen erfolgt nach folgenden Regeln: Die Kriterien für die Reihung der Bewerber um Kassenverträge enthält die auf Vorschlag der österreichischen Ärztekammer erlassene Verordnung des Gesundheitsministers („Reihungskriterien-Verordnung“). Wesentliche Kriterien sind dabei (a) die fachliche Eignung, die aufgrund der Berufserfahrung als Arzt zu beurteilen ist, (b) zusätzliche fachliche Qualifikationen und (c) der Zeitpunkt der ersten Eintragung in eine Bewerberliste. In dieser Verordnung ist aber nur die Bandbreite der für jedes Reihungskriterium jedem einzelnen Bewerber zu vergebenden Punkte festgelegt. Die Vorgaben, nach denen die Punkte an die konkreten Bewerber zuzuteilen sind, enthalten die „Richtlinien für die Auswahl und Invertragnahme“, die Teil des jeweils zur Anwendung kommenden Gesamtvertrages sind. Die Ärztekammer erstellt nun aufgrund dieser „Richtlinien“ eine Reihung der Bewerber entsprechend den Punkten, die sie den Bewerbern für jedes Kriterium zuteilt.

Was Erfahrung wert ist
So weit, so unaufregend! Doch nicht selten stellen Bewerber die von der Ärztekammer aufgestellte Reihung infrage; Gründe dafür sehen sie einerseits darin, dass die „Richtlinien“ unzutreffend angewandt wurden, andererseits aber auch darin, dass die „Richtlinien“ unsachliche oder zu wenig differenzierende Kriterien enthalten.
Ärzte, die sich in diesem Sinne bei der Punktevergabe benachteiligt fühlten, trugen unlängst die Punktevergabe im Gerichtsweg letztlich an den Obersten Gerichtshof (OGH) heran; dieser beschäftigte sich demzufolge in zwei Fällen mit der Sachlichkeit der in den „Richtlinien“ enthaltenen Vergabekriterien: In seinem Erkenntnis vom 19.03. 2015, 1 Ob 35/15a, stellte der OGH klar, dass beim Kriterium der Berufserfahrung die Tätigkeit von Wahlärzten mit Praxisvertretung nicht – wie in den „Richtlinien“ vorgesehen war – höher zu bewerten ist als jene eines Vertragsarztes, selbst wenn dieser ebenfalls Praxisvertretungstätigkeiten ausübt. Die Praxis als Wahl- oder Vertragsarzt ist nämlich im Hinblick auf Berufserfahrung gleichwertig. Im Erkenntnis vom 25.02. 2016, 1 Ob 176/15m, sprach der OGH aus, dass im Hinblick auf die zeitliche Komponente der Bewerbung (Stichwort: „Wartezeit“) auch Ärzte, die bereits über eine Kassenplanstelle verfügen, in die „Interessentenliste“ aufgenommen werden können müssen und damit auch Wartezeiten erwerben können.
Da Erkenntnisse des OGH nur zwischen den Parteien des jeweiligen Gerichtsstreits wirken, müssen Ärztekammer und Krankenversicherungsträger – wollen sie nicht, dass sich auch in anderen Bewerbungsverfahren Bewerber gerichtlich gegen die Anwendung dieser unsachlichen Kriterien wenden –  diese „Richtlinien“ umgehend an den Ausspruch des OGH anpassen; dies ist zwar geplant, aber noch nicht umgesetzt.
Dem Vernehmen nach sind aber noch andere Rechtsfragen im Zusammenhang mit den „Richtlinien“ bei den ordentlichen Gerichten anhängig, sodass allenfalls in absehbarer Zeit neuerlich Änderungen der „Richtlinien“ vonnöten sind.

GmbH oder OG?
Ganz abgesehen davon, ob eine Kassenplanstelle oder eine Wahlordination angedacht ist, muss beim Schritt in die Selbstständigkeit einiges beachtet werden. Die erste Frage, die sich aufdrängt, ist, ob das finanzielle Risiko alleine getragen oder auf mehrere Köpfe aufgeteilt werden soll. Wenn eine Gruppenpraxis angedacht ist, muss abgewogen werden, in welcher Rechtsform dies erfolgen soll, da es natürlich steuerliche Implikationen hat, ob die Gruppenpraxis in Form einer GmbH oder in Form einer OG betrieben wird. Wenn die Entscheidung hinsichtlich der Rechtsform gefallen ist, muss ein Unternehmenskonzept in Form eines Businessplans erstellt werden. Ein Businessplan legt die Visionen, Annahmen, Markteinschätzungen und Prognosen aus betriebswirtschaftlicher Sicht fest. Wenn die Gründung nicht aus eigener Tasche finanziert wird, dient dieser den Kreditgebern als Beurteilungsgrundlage hinsichtlich Realisierbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Kundennutzen. Auch im Rahmen eines Kassenplans stellt sich die Frage, ob nur die honorierten Kassenleistungen angeboten werden oder auch zusätzliche Leistungen, die von den Patienten selbstständig zu bezahlen sind. Dies stellt oftmals ein zweites gesichertes Standbein dar, allerdings mit einigen Tücken. Brauche ich zum Beispiel eine eigene Gewerbeberechtigung für diese Dienstleistungen?
Auch wenn der zukünftige Jungunternehmer einiges an Geld für die Etablierung der Ordination in die Hand nehmen muss, sollte nicht darauf vergessen werden, dass für die Gründung von Unternehmen verschiedenste Förderungen erhältlich sind. So beinhaltet etwa das sogenannte NeuFÖG (Neugründungs-Förderungsgesetz) einige finanzielle Erleichterungen. Bei einer Neugründung ist zum Beispiel der Unternehmer von bestimmten Lohnabgaben befreit, wobei diese Begünstigung nur innerhalb der ersten 36 Monate in Anspruch genommen werden kann.
Sind diese ersten Hürden gemeistert, geht es endlich an die Realisierung, wie etwa Internet­auftritt, Praxisschild oder Werbung. Auch hier ist neben den standesrechtlichen Regelungen eine Reihe von Rechtsvorschriften zu beachten, wie etwa beim Internetauftritt die Offenlegungspflichten nach dem Mediengesetz bzw. nach E-Commerce Gesetz. Gerade beim Anschreiben von Patienten bzw. in der elektronischen Kommunikation stipuliert das Telekommunikationsgesetz weitreichende Verbote.