Warning: Declaration of tie_mega_menu_walker::start_el(&$output, $item, $depth, $args, $id = 0) should be compatible with Walker_Nav_Menu::start_el(&$output, $item, $depth = 0, $args = NULL, $id = 0) in /home/.sites/784/site3043627/web/wp-content/themes/sahifa/functions/theme-functions.php on line 1914 AUSBLICK SPORTRECHT – SCHWERPUNKT RADSPORT FRÜHLING 2021 | FPLP bloggt - The Next Generation Law Firm
AUSBLICK SPORTRECHT – SCHWERPUNKT RADSPORT FRÜHLING 2021

AUSBLICK SPORTRECHT – SCHWERPUNKT RADSPORT FRÜHLING 2021

Endlich Frühling! Die Luft ist mild, Bäume und Sträucher sind voller Knospen und die Tage werden wieder länger. Nach den langen und teils trostlosen Tagen im Winter, ist es wieder an der Zeit bei angenehmen Temperaturen an der frischen Luft, Sport zu treiben. Für uns bietet dieser Umstand die Gelegenheit, Sie über die neuesten Entwicklungen im Sportrecht zu informieren.

Eine der beliebtesten Sportarten im Frühling stellt das (Renn) Radfahren dar. Doch birgt diese Sportart neben dem Gefühl von Freiheit leider auch einige nicht zu unterschätzende Gefahren. Deswegen überrascht es nicht, dass der OGH in mehreren aktuellen Entscheidungen mit Fällen im Zusammenhang mit Radfahrern konfrontiert wurde.

Windschattenfahren (OGH 2 Ob 226/18a)

Das sogenannte „Windschattenfahren“ stellt im Radsport ein allgegenwärtiges Phänomen dar, dass unter den verschiedenen Verkehrsteilnehmern kontrovers diskutiert wird. Fordern die Einen vehement ein Verbot, erfreut sich das Windschattenfahren jedoch auf Grund der Kraftersparnis bei Radfahrern (nicht nur unter Radprofis) großer Beliebtheit und stellt somit im Radsport einen ganz wesentlichen Teil des Gruppenfahrens dar.

Der Vorteil des Windschattenfahrens wird dadurch bewirkt, dass ein Fahrer den anderen die Möglichkeit bietet, direkt hinter diesem in seinem Windschatten zu fahren. Auf diese Weise sparen alle Akteure, die mit dem Fahrrad hinter diesem fahren, etwa 25 Prozent der Energie bei gleicher Geschwindigkeit. Auf Grund des dichten Hintereinanderfahrens gehen jedoch Risiken auf die Sportler über, was in weiterer Folge auch Fragen haftungsrechtlicher Natur aufwirft.

Grundsätzlich normiert die Straßenverkehrsordnung, dass jeder Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, dass diesem jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich ausgebremst wird. Nach der Judikatur des OGH liegt die Schutznorm des § 18 Abs 1 StVO in der Hintanhaltung aller Gefahren, die aus dem Hintereinanderfahren von Fahrzeugen entstehen (OGH 2 Ob 226/18a, RS0132713), womit alle potenziell gefährdeten Verkehrsteilnehmer vor jeglichen direkten und indirekten Risiken des unmittelbaren Hintereinanderfahrens geschützt werden sollen. Diese Risiken manifestieren sich vor allem in einem erhöhten Kollisionsrisiko zwischen dem Vorder- und Hintermann, in einem durch die eingeschränkte Sicht begrenzten Blickfeld und der daraus resultierenden verringerten Reaktionszeit hinsichtlich der Abwehr potenzieller Gefahren. Kurzum wird der Windschattenfahrer aufgrund der genannten Entscheidung gegenüber dem Geschädigten ersatzpflichtig und/oder hat im eigenen Schadensfall einen Anspruchsentfall oder eine Anspruchskürzung hinzunehmen, wenn ein iSd § 18 Abs 1 StVO rechtswidriges und kausales Hintereinanderfahren festgestellt wird.

Umso mehr überraschte der OGH in einer aktuellen Entscheidung (2 Ob 226/18a). Die Klägerin, eine Radfahrerin, fuhr in diesem Fall auf einem Radweg rechtsgelagert mit einer Geschwindigkeit von 20 – 25 km/h und im Abstand von 2 bis 3 Meter hinter ihrem Ehemann, in dessen Windschatten. Die beklagte Radfahrerin fuhr ebenfalls auf der rechten Seite, jedoch lenkte sie ihr Fahrrad unmittelbar vor dem Zusammenstoß mit der Klägerin immer weiter nach links und überschritt dadurch die Fahrbahnmitte. Während der Ehemann der Klägerin, der Beklagten gerade noch ausweichen konnte, kam es zwischen der Klägerin und der Beklagten zur Kollision. Im darauffolgenden Verfahren wurde der Klägerin kein Vorwurf und somit auch kein Mitverschulden angelastet, da die beklagte Radfahrerin die schadenskausale Überschreitung der Radwegmitte zu verantworten hatte und dies schlussendlich als einzig erhebliche Tatsache festgestellt wurde. Ein relevanter Verstoß der Klägerin gegen ihre Pflichten nach § 18 Abs 1 StVO wurden in allen Instanzen verneint. Diese Entscheidung wurde in Teilen der Literatur stark kritisiert. Es bleibt spannend abzuwarten wie die Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen entscheiden werden und welche Auswirkung diese Entscheidung auf die Praxis des Windschattenfahrens nehmen wird.

Hinsichtlich der Haftung der am Windschattenfahren teilnehmenden Radsportler untereinander zeichnet sich ein differenziertes Bild. Demnach handelt derjenige der an einer Radsportveranstaltung, etwa einem Radrennen teilnimmt nach der Judikatur des OGH (1 Ob 549/92) auf eigene Gefahr, da er das in der Natur der Veranstaltung liegende Risiko bewusst auf sich nimmt.

Bei privaten Gemeinschaftsfahrten, unabhängig davon, ob eine Trainingsfahrt oder eine reine „Vergnügungsfahrt“ abseits jeglichen Renncharakters vorliegt, ist darauf abzustellen, ob zwischen den teilnehmenden Radfahrern ein allgemein bejahender Konsens hinsichtlich des Windschattenfahrens besteht (RS0111575) oder nicht. Ist dies zu bejahen, hat der Geschädigte die Risiken bzw. Folgen im Schadensfall selbst zu tragen und kann im Schadensfall nicht auf den Haftungsfond des Schädigers zurückgreifen.

Helmpflicht für Radfahrer? (OGH 2 Ob 99/14v)

Immer wieder hört man im persönlichen Gespräch mit Freunden und Bekannten von einer vermeintlichen Helmpflicht für Radfahrer. Doch was ist dran an diesen Aussagen? Wir klären auf!

Der Gesetzgeber normiert grundsätzlich keine allgemeine Helmpflicht. Diese wird gem § 106 Abs 7 KFG (Kraftfahrgesetz) und § 68 Abs 6 StVO (Straßenverkehrsordnung) nur für Krafträder (Motorräder und Mopeds) und Fahrradbenützer im Alter von unter 12 Jahren angeordnet. Dem gegenüber hat eine allgemeine Helmpflicht für Erwachsene im Radfahrbereich nie in den Rechtsbestand Einzug gefunden. Jedoch legt die Rechtsprechung die eingangs beschrieben Helmpflicht für Fahrradbenützer im Alter von unter 12 Jahren darüber hinausgehend aus.

Demnach stellt das Nichttragen eines Helmes aus zivilrechtlicher Perspektive eine Sorglosigkeit hinsichtlich eigener Rechtsgüter dar und eröffnet den Mitverschuldenseinwand im Schadenersatzprozess, da die Rechtsprechung (OGH 2 Ob 99/14v) bei der Ausübung des Radsports vom Bestehen einer Obliegenheit zum Tragen eines Schutzhelmes ausgeht. Aus diesem Grund muss in diesem Zusammenhang die Frage gestellt werden, ob im Verkehrskreis des Geschädigten bereits ein allgemeines Bewusstsein hinsichtlich des vernünftigen und einsichtigen Radfahrers besteht, in der Unfallsituation einen Helm zu tragen. Der OGH verneinte diese Frage in seiner Entscheidung 2 Ob 135/04y für das Tragen eines Schutzhelmes auf Radwegen im Allgemeinen, stellte jedoch weiters fest, dass dies nicht für Rennradfahrer beim sportlich ambitionierten Radfahren gelte, da für diesen Personenkreis bereits ein entsprechendes Helmtragebewusstsein vorliege. Unter sportlich ambitionierten Radfahrern versteht das Höchstgericht, Radfahrer, die ein Rennrad benutzen, Rennradbekleidung tragen und hohe Fahrgeschwindigkeiten in Verbindung mit dem Eingehen besonderer Risiken aufweisen. Diese auf äußere Erscheinungsmerkmale reduzierte Abgrenzung wurde zurecht kritisiert. Auch wir vertreten die Ansicht, dass in diesem Zusammenhang auf das Zusammentreffen mehrerer Gefahrenmomente abgestellt werden sollte und nicht nur auf das äußere Erscheinungsbild des Radsportlers.

Aus der Verletzung der zivilrechtlichen Obliegenheit zum Tragen eines Helmes bei sportlich ambitionierter Fahrt folgt per se eine Kürzung des Schmerzensgeldanspruches gegen den Schädiger in Höhe von 25%. Voraussetzung hierfür ist, dass die erlittene Verletzung bei einer Verwendung eines Helmes geringer ausgefallen wäre. Es ist zu erwarten, dass diese Judikaturlinie auch auf andere Sportarten wie zB. Downhill-Mountainbike, aber auch Rodeln angewendet werden kann. Offen bleibt jedoch die Frage welcher Helm, in welcher Ausführung und in welcher Qualität ausreicht, um den von der Judikatur entwickelten Ansprüchen zu genügen. Eine eindeutige Klarstellung wäre an dieser Stelle wünschenswert.

Exkurs: Helmpflicht bei E-Bikes

Betreffend des bereits Ausgeführten, ist eine Besonderheit hinsichtlich der Verwendung von E-Bikes zu beachten. Grundsätzlich ist bei diesem, aktuell sehr angesagten Sportartikel zwischen einem sogenannten „schwachen“ E-Bike, mit einer Höchstleistung von nicht mehr als 600 Watt und einer Bauartgeschwindigkeit von nicht mehr als 25 km/h und einem sogenannten „starken“ E-Bike mit einer Höchstleistung von mehr als 600 Watt und einer Bauartgeschwindigkeit von mehr als 25 km/h zu unterscheiden. Während schwache E-Bikes als Fahrräder gem. § 1 Abs 2a KFG iVm § 2 Abs 1 Z 22 StVO klassifiziert werden, sind starke E-Bikes als Motorfahrrad gem. § 2 Abs 1 Z 14 KFG einzuordnen. Daraus folgt, dass für schwache E-Bikes dieselben gesetzlichen Normen zur Anwendung gelangen, wie für Radfahrer und dass die Rechtsprechung hinsichtlich des Mitverschuldens bei Nichtverwendung eines Helmes wohl auch für sportlich ambitionierte E-Biker zu Anwendung gelangt. Anders stellt sich die Situation bei starken E-Bikes und Motorrad-E-Bikes dar, da hier gem. § 106 Z 7 KFG eine allgemeine Helmpflicht gilt. Das bedeutet wiederrum, dass das Nichttragen eines Helmes in dieser Konstellation ex lege zu einem Mitverschulden führt.

Auf Grund dieser Ausführungen empfehlen wir in dubio pro Helm.

Vorrangregel auf dem Treppelweg (OGH 2 Ob 66/20z)

In einem weiteren aktuellen Fall befasste sich der OGH mit der scheinbar trivialen Frage einer Vorrangsituation zwischen Radfahrern auf einem Treppelweg. Unter einem Treppelweg wird in Österreich ein Weg verstanden, der unmittelbar am Ufer von Flüssen oder Kanälen angelegt wurde, damit Menschen und Zugtiere Frachtschiffe flussaufwärts ziehen konnten. Im Zusammenhang mit Radfahren und Spaziergängern kommt vor allem dem 330 Kilometer langen Donauradweg von Passau nach Wien eine übergeordnete Bedeutung zu, da sich dieser unter Radfahrern großer Beliebtheit erfreut. Das Höchstgericht führte hierzu aus, dass gem. § 36 Abs 1 SchifffahrtsG iVm § 50.01 Z 3 Wasserstraßen-Verkehrsordnung auf Treppelwegen das Radfahren grundsätzlich gestattet ist und unabhängig von der strittigen Einstufung als Straße im öffentlichen Verkehr iSd § 1 Abs 1 StVO die gesetzlichen Anordnungen der StVO gelten. Demnach gilt auch auf Treppelwegen die gesetzliche Vorrangregel des § 19 StVO. Außerdem wurde in der Entscheidung ausgeführt, dass wenn ein Wiesenweg in einen durchgehend asphaltierten geradlinig verlaufenden Treppelweg (wie etwa dem Donauradweg) einmündet, der Wiesenweg gegenüber dem Treppelweg als eine benachrangte Verkehrsfläche mit untergeordneter Bedeutung iSd § 19 Abs 6 StVO zu qualifizieren ist.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Vorrangregel des § 19 StVO auch beim gemütlichen Ausflug auf dem Donauradweg zu beachten ist.

Mark Rammelmüller

Mark Rammelmüller

Thomas Mühlböck

Thomas Mühlböck

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.Benötigte Felder sind markiert *

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.