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Neues für Innovatoren: Geänderte Regeln für Technologie-Lizenzen

Geistiges Eigentum ist der Treibstoff der Wissensgesellschaft. Lizenzverträge sind die „Pipelines“ dieses Treibstoffs, die – wie jeder Vertrag zwischen Unternehmen – kartellrechtlichen Vorgaben unterworfen sind. Sonst drohen empfindliche Bußen und – ggf. noch schlimmer – eine zivilrechtliche Nichtigkeit des Vertrages. Wichtige kartellrechtliche Regeln dazu finden sich in der Technologietransfer-Gruppenfreistellungsverordnung (TT-GVO) der Europäischen Kommission. Diese Verordnung schafft unter bestimmten Bedingungen einen „safe harbour“ für Technologie-Lizenzverträge, wobei neue Spielregeln dazu zum 1. Mai 2014 in Kraft traten.

Wer hier keinen Schiffbruch erleiden will, muss diese Änderungen ab dem Stichtag für sämtliche Neuverträge berücksichtigen. Für bestehende Verträge gibt es eine Übergangsfrist von einem Jahr, innerhalb der sichergestellt werden muss, ob diese noch im „sicheren Hafen“ der TT-GVO liegen oder – andernfalls – für die Fahrt auf hoher (juristischer) See taugen.

Die umfassende Bedeutung von Technologietransfer-Lizenzen für das moderne Wirtschaftsleben spiegelt sich auch in der Modernisierung der TT-GVO und der dazugehörenden „Leitlinien“ der Europäischen Kommission wieder. Auch diese wurden überarbeitet: Die Neuerungen reichen von geänderten Regeln für den Bezug von Vorprodukten, die im Zusammenhang mit einer Lizenzproduktion erfolgen, hin zu neuen Hinweisen für die Beurteilung technischer Standards bei sog. Patent-Pools. Die arbeitsteilige Produktion eines elektrischen Rasierapparats ist damit potentiell genauso betroffen wie die Herstellung moderner Smartphones, in denen Hunderte von patentgeschützten Technologien zum Einsatz kommen.

Aber nicht nur für die Produktion, auch hinsichtlich des Vertriebs lizenzierter Produkte sind neue Regelungen zu beachten. So wurde das Verbot von vertraglichen Bestimmungen, mit denen gebietsfremde Verkäufe auf Kundennachfrage untersagt werden, verschärft. Mag es sich auf den ersten Blick um eine Detailregel handeln, sind die Folgen für betroffene Verträge gleichwohl schwerwiegend: Da es sich um sog. „hardcore“-Beschränkungen handelt, ist eine solche Bestimmung nicht nur selbst mutmaßlich unwirksam, sondern katapultiert den gesamten betroffenen Vertrag aus dem sicheren Hafen der Gruppenfreistellungsverordnung.

Dass Beschränkungen des Wettbewerbs bisweilen auch kreative Formen annehmen können, zeigt im Übrigen das Beispiel der sog. „pay-for-delay“- Vereinbarungen, auf deren (mutmaßliche) Unzulässigkeit die Kommission nunmehr in ihren Leitlinien hinweist: In diesen Fällen gewährt z.B. der Original-Hersteller eines Medikaments einem Generika-Hersteller eine Lizenz für ein – zumindest nach Ansicht der Europäischen Kommission – zweifelhaftes Schutzrecht. Gleichzeitig zahlt der Original-Hersteller dafür, dass von der Lizenz erst später Gebrauch gemacht wird. Dies legt den Verdacht nahe, dass das lizenzierte Recht gar nicht besteht; der „Lizenzgeber“ den „Lizenznehmer“ in Wahrheit also dafür bezahlt, nicht in den Markt einzutreten – was eine klassische verbotene Kartellabsprache wäre. Unter anderem wegen solcher Praktiken hatte die Kommission 2005 eine Geldbuße i.H.v. 60 Mio. Euro gegen den britischen Pharmariesen AstraZeneca verhängt, welche im Jahr 2012 vom Europäischen Gerichtshof in letzter Instanz bestätigt wurde (Rs C-457/10 P).

Autoren: Karina Hellbert und Moritz am Ende